Vorentscheidung im Dombass: RUSSISCHE STREITKRÄFTE EROBERN SEWERODONEZK UND NEHMEN DEN KESSEL VON ZOLOTE EIN

red. – Die vergangenen letzten beiden Wochen deuteten es an: Die Verteidigungslinien der ukrainischen Streitkräfte im Dombass geben nach wochenlangen Artillerie- , Mörser und Panzerbeschuss nach.

Serhiy Hadai erklärte am Freitag Morgen, dass die Verteidiger von Severodonezk den Befehl erhalten hätten, sich zurückzuziehen. Dies bestätigt Juri Butusow auf censor.net, wonach die ukrainischen Truppen und er in der Nacht vom 23. auf den 24. Juni aus Severodonezk abgezogen sind. Damit verlagern sich die Kampfhandlungen vorerst auf die Schwesterstadt Lysychansk auf der anderen Seite des Siversky Donez.

Eines ist klar. Die ukrainische Armee kann die russischen Streitkräfte in diesem Frontabschnitt nicht mehr auf Dauer aufhalten. Die russische Taktik des ständigen Beschusses und der Aufteilung der Front in kleine Zangen und Kessel geht auf. Dies ist insofern von Bedeutung, als es sich um Kontaktlinien handelt, die die ukrainischen Verteidiger bereits seit 2014 intensiv befestigt hatten, weshalb sie in den russischen Medien auch immer wieder mit Mariupol verglichen wurden. So musste die ukrainische Armee am Freitag auch Zolote und Hirske räumen, nachdem die russischen Kräfte das Gebiet bereits von drei Seiten eingekesselt hatten und nur noch ein knapp 6 Kilometer breiter Korridor für den Rückzug offen war.

Was bedeutet das für die nächsten Wochen?

Obwohl das britische Verteidigungsministerium am Samstag in einer Erklärung zu Recht feststellte, dass die Einnahme von Sewerodonezk nicht kriegsentscheidend sei, darf der russische Erfolg nicht marginalisiert werden. Der russischen Armee bleibt in den nächsten Wochen ein Zeitfenster, in der sie im Dombass über Artillerie- und Luftüberlegenheit verfügt. In dieser Zeit wird die Einkesselung Lysychansk erfolgen, blockieren die russischen Streitkräfte bereits von zwei Seiten die Stadt und die unter ukrainischer Kontrolle verbliebenen Vororte. Zudem bereiten Moskaus Truppen bereits einen Brückenkopf im Rücken der Stadt vor. Der Korridor für den ukrainischen Nachschub schrumpfte deshalb innerhalb von einer Woche von 22 km auf etwa 13 Kilometer Luftlinie. Der ukrainische Generalstab wird also bald vor der Frage stehen, ob er den russischen Vormarsch weiter verzögern will und – wie schon in Mariupol – die Verteidiger in der Stadt einkesseln lässt und damit sogar ihre Gefangennahme riskiert, oder er in eine hintere Verteidigungslinie verlegt.

Nach russischen Angaben ist mit etwa 12 000 ukrainischen Soldaten und Söldnern zu rechnen. Wenn diese Zahl einigermaßen zutrifft, Zahl einigermaßen genau ist, stünden im Raum Lyssytschansk etwa doppelt so viele Verteidiger zur Verfügung wie in Mariupol, das 86 Tage lang den Russen standhielt.

Es ist auch denkbar, dass in den nächsten Wochen – durch weitere Umgruppierungen der Russen – die Frontlinien auch an anderen Stellen bricht und Russland seine Strategie der Zangen und Kessel in Gebieten wie um Svitlodarsk, Avdiyivka, Niu York oder Marinka wiederholt oder noch vor der Einnahme von Lysychansk die Überquerung des Siversky Donez wagt, was im Mai mehrmals missglückte.

Damit ist es sehr wahrscheinlich, dass sich die Kontaktlinie in diesem Sommer noch nach Slavyansk und Kramatorsk schieben wird und diese beiden Städte die strategische Aufgabe von Sewerodonezk und Lysychansk übernehmen werden. Dann werden zwei Fragen schlagend werden: Wie sehr werden die westlichen Waffenlieferungen die Kampfkraft der ukrainischen Armee für eine Gegenoffensive erhöhen und inwieweit werden die beiden Armeen ihre personellen Verluste gleichwertig ergänzen können?

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