»Tebels Analysen« | Hintergrund: Warum die USA überhaupt wieder in Syrien einrücken können

Die Nachricht des US-amerikanischen Ansinnens, zwar nicht die Kurden, aber die Ölquellen östlich des Euphrat beschützen zu wollen, mutet seltsam an. Ebenso wie die Tatsache, dass man einen militärischen Abzug punktuell rückgängig macht.

Diese Möglichkeit ergibt sich aus der speziellen Situation in Syrien. Ihre Ausweglosigkeit nach dem US-Abzug und dem Beginn der türkischen Invasion erkennend, kam es am Sonntag vor zwei Wochen zu einer Blitzeinigung zwischen der syrischen Regierung und der kurdischen SDF, die weite Teile Syriens östlich des Euphrats und einen Landzipfel westlich davon kontrollierte.

Hierdurch wählten die Kurden das „kleinere Übel“ und hofften Erdogans Plan zu durchkreuzen, das kurdische Siedlungsgebiet durch Vertreibung und Ansiedlung mehrheitlich arabischer Kriegsflüchtlinge aus Syrien aufzubrechen und die Kurden in ihrem eigenen Siedlungsgebiet in eine Minderheit zu verwandeln.

In dem Moment, als die USA ihren Abzug aus Mambij und anderen Stützpunkten einleitete, nahm Syrien und Russland der Türkei förmlich die Butter vom Brot und übernahm ihrerseits wichtige Städte, die vormals von Kurden kontrolliert wurden.

Eine weitere territoriale Absicherung erbrachte das Abkommen von Sochi, das der russische Präsident mit seinem türkischen Pendant am vergangenen Dienstag – vorbehaltlich des Abzuges der YPG aus einem 30 Kilometer tiefen Grenzgebiet – schloss.

Als Betrachter der aktuellen Situation läuft man aber Gefahr, anzunehmen, dass mit der kurdisch-syrischen Einigung auch eine sofortige Machtausweitung der syrischen Armee einhergeht. Das stimmt eben nicht. Die kurdische SDF übergab den Syrern wichtige Städte wie Kobane, Mambij, Raqqah oder Al-Tabqa. In anderen Gebieten war die syrische Armee in den vergangenen Jahren ohnehin präsent, wie am Rande von Hasaka und in Qamischli.

Von diesen Zentren aus, beginnt nun die syrische Armee entlang der Autobahn M4, manchen Hauptverkehrswegen und an der syrisch-türkischen Grenze die Türken abzublocken bzw. übernimmt die russische Militärpolizei Kontrollaufgaben entlang der türkischen Kontaktlinie. In weiten Teilen östlich des Euphrats ist allerding die syrische Armee noch nicht präsent. Diesen Umstand nützte die USA nun für sich.