Tebels Analyse | Protestwelle im Irak : Irakische Premierminister Adel Abdul-Mahdi heute vor dem Rücktritt

red. – Der irakische Premierminister Adel Abdul-Mahdi wird in einer heute angesetzten Sondersitzung des Parlaments durch einen Misstrauensantrag entmachtet werden.

Damit versuchen die beiden größten Blöcke im Parlament, darunter auch der mächtige schiitische Block unter Muqtada al-Sadr, die anhaltenden Proteste in den Griff zu kriegen. In zwei Wellen forderten sie bislang über 250 Todesopfer und mehr als 8 000 Verletzte.

Die Proteste hatten sich zunächst Anfang Oktober entzündet, ehe sie nach einer zweiwöchigen Ruhe am vergangenen Mittwoch erneut aufgeflammt waren.

Richteten sie sich zunächst gegen Misswirtschaft, schlechte Strom- und Wasserversorgung, hohe Arbeitslosenzahlen, Korruption (Laut Transparency International der 12. korrupteste Staat) und die fehlende Zukunftsaussicht für die meist jugendliche Bevölkerung (60 Prozent der Iraker sind unter 25 Jahre alt; die Jugendarbeitslosigkeit liegt nach dem Wallstreet Journal bei 25 Prozent), wendeten sich die Demonstrationen alsbald auch gegen die brutale Vorgehensweise der Armee und der Sicherheitskräfte (u. a. Montag Nacht 14 Tote und 865 Verletzte in der schiitischen heiligen Stadt Karbala) wie auch gegen die religiösen Eliten. Aber auch die Demonstranten gingen zum Teil sehr gewalttätig vor und zündeten landesweit mehrere Regierungsgebäude, Parteibüros oder Gebäude der schiitischen Hasched-al-Schaabi-Milizen (Volksmobilisierungseinheiten) an. An manchen Anschlägen soll auch der IS beteiligt gewesen sein.

Die harte Haltung der Sicherheitskräfte in der zweiten Welle der Proteste wird mit dem Auftreten des iranischen General Qassem Soleimani, dem Befehlshaber der iranischen Al Quds-Brigaden in Verbindung gebracht, der in Bagdad mit hohen Beamten am vergangenen Sonntag konferierte.

Neben einer angespannten Sicherheitslage (Entführungen an der Tagesordnung, Anschläge des IS, türkische Angriffe auf die YPG in irakisch-Kurdistan, Kämpfe von Sicherheitskräften und PKK-Kräften) ist der Irak auch Spielfeld internationaler Interessen.

So besitzt Teheran einen weitreichenden Einfluss im Irak, den er unter keinen Umständen aufgeben will. Daher wird davon ausgegangen, dass der irakische Premierminister Adel Abdul-Mahdi heute „geopfert“ wird. Ob hierdurch aber eine Beruhigung im Irak einsetzt, ist mehr als fraglich.

Siehe u. a.

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